Bereitgestellt: 23.08.2022
Monatsgedanken AUGUST 2022 «Geh' aus, mein Herz ...»
... das Kirchenlied von Paul Gerhardt malt in farbigen Bildern den perfekten Sommer: ...
Liebe Leser und Leserinnen der Monatsgedanken im August – das Kirchenlied von Paul Gerhardt malt in farbigen Bildern den perfekten Sommer: mit laubvollen Bäumen, ausgeschmückten Gärten, Lerche, Täublein, Nachtigall, rauschenden Bächlein und gewaltig wachsendem Weizen. «Darüber jauchzen jung und alt und rühmt die grosse Güte des, der so überfliessend*» gibt.
Dabei hat Paul Gerhardt weit weg solch idyllischer Sommerbilder gelebt. Anfangs 17. Jh. wüteten Pest, Pocken und der Dreissigjährige Krieg in Mitteleuropa und zerstörten weitum Boden und Leben – auch in seiner Familie. Wie passen da Bilder von Tod und Zerstörung zu dieser Sommeridylle? Warum das Lob des Schöpfers statt Klage und Wut?
Gerade erleben wir in Mitteleuropa einen wirklich tollen Sommer und dennoch kommt uns der Krieg so nahe wie schon lange nicht mehr. Wie tief uns das trifft, ist noch gar nicht absehbar: steigende Kosten im alltäglichen Bedarf, das verursachte Leid, die Fluchtbewegungen, das bekümmert uns menschlich weckt aber auch Sorgen vor De-Stabilität und Knappheit. Dabei haben wir die Corona-Zeit noch gar nicht richtig ausgestanden, und erst recht nicht verarbeitet. Und trotzdem: «Geh aus mein Herz und suche Freud»!
Ich gebe zu, in jüngeren Jahren fand ich das fast zynisch. Paul Gerhardt – ganz Pfarrer seiner Zeit – verknüpft die romantischen Landschaftsbilder mit dem ewigen Paradies – eine Vertröstung aufs Jenseits, das vom gegenwärtigen Leid ablenken soll. Damit kann ich persönlich auch heute nur wenig anfangen. Ich lebe hier und jetzt! Aber auch all jenen, die im auf dieser «armen Erde», leben und «des Leibes Joch» tragen, soll das Lied Hoffnung schenken. Sie sollen nicht «gar stille schweigen», sondern an dem Guten und Wunderbaren festhalten, das trotz allem da ist.
Es geht dabei um einen Perspektivenwechsel, eine innere Haltung. Darum, nicht im Leid zu versinken und auch nicht (nur) nach einem späteren Glück oder Paradies zu streben, sondern sich gegenwärtig mit der Schöpfungsquelle zu verbinden und im Alltag zu verwurzeln – was immer er bietet. Es geht um Gegenwärtigsein – heute sagt man Achtsamkeit dazu. Auch vor dem Hintergrund humanitärer oder persönlicher Katastrophen gibt es Grund zur Freude – mal mehr, mal weniger. Das Leben geht steig weiter und es ist nie immer nur gut und nie immer nur schlecht. Das Leben ist grundsätzlich eine Herausforderung, doch es ist Leben.
Und in diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine weiterhin wunderbare Sommerzeit, mit und in allem, was Sie gegenwärtig gerade durchleben. «Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir wird ein guter Baum und lass mich Wurzeln treiben» - im Hier und Jetzt, wie es gerade ist und wie wir es gerade erleben dürfen.
Mit herzlichen Grüssen
Karin Künti, Pfarrerin in Grossaffoltern
*alle Zitate aus: Evangelisch-reformiertes Gesangbuch, Nr. 537: «Geh aus, mein Herz, und suche Freud» (1998)
Dabei hat Paul Gerhardt weit weg solch idyllischer Sommerbilder gelebt. Anfangs 17. Jh. wüteten Pest, Pocken und der Dreissigjährige Krieg in Mitteleuropa und zerstörten weitum Boden und Leben – auch in seiner Familie. Wie passen da Bilder von Tod und Zerstörung zu dieser Sommeridylle? Warum das Lob des Schöpfers statt Klage und Wut?
Gerade erleben wir in Mitteleuropa einen wirklich tollen Sommer und dennoch kommt uns der Krieg so nahe wie schon lange nicht mehr. Wie tief uns das trifft, ist noch gar nicht absehbar: steigende Kosten im alltäglichen Bedarf, das verursachte Leid, die Fluchtbewegungen, das bekümmert uns menschlich weckt aber auch Sorgen vor De-Stabilität und Knappheit. Dabei haben wir die Corona-Zeit noch gar nicht richtig ausgestanden, und erst recht nicht verarbeitet. Und trotzdem: «Geh aus mein Herz und suche Freud»!
Ich gebe zu, in jüngeren Jahren fand ich das fast zynisch. Paul Gerhardt – ganz Pfarrer seiner Zeit – verknüpft die romantischen Landschaftsbilder mit dem ewigen Paradies – eine Vertröstung aufs Jenseits, das vom gegenwärtigen Leid ablenken soll. Damit kann ich persönlich auch heute nur wenig anfangen. Ich lebe hier und jetzt! Aber auch all jenen, die im auf dieser «armen Erde», leben und «des Leibes Joch» tragen, soll das Lied Hoffnung schenken. Sie sollen nicht «gar stille schweigen», sondern an dem Guten und Wunderbaren festhalten, das trotz allem da ist.
Es geht dabei um einen Perspektivenwechsel, eine innere Haltung. Darum, nicht im Leid zu versinken und auch nicht (nur) nach einem späteren Glück oder Paradies zu streben, sondern sich gegenwärtig mit der Schöpfungsquelle zu verbinden und im Alltag zu verwurzeln – was immer er bietet. Es geht um Gegenwärtigsein – heute sagt man Achtsamkeit dazu. Auch vor dem Hintergrund humanitärer oder persönlicher Katastrophen gibt es Grund zur Freude – mal mehr, mal weniger. Das Leben geht steig weiter und es ist nie immer nur gut und nie immer nur schlecht. Das Leben ist grundsätzlich eine Herausforderung, doch es ist Leben.
Und in diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine weiterhin wunderbare Sommerzeit, mit und in allem, was Sie gegenwärtig gerade durchleben. «Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir wird ein guter Baum und lass mich Wurzeln treiben» - im Hier und Jetzt, wie es gerade ist und wie wir es gerade erleben dürfen.
Mit herzlichen Grüssen
Karin Künti, Pfarrerin in Grossaffoltern
*alle Zitate aus: Evangelisch-reformiertes Gesangbuch, Nr. 537: «Geh aus, mein Herz, und suche Freud» (1998)