Bereitgestellt: 01.07.2025

Monatsgedanken Juli 2025

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Botanische Sommergedanken

Von Salaten zu Zivilisiertheit und Standhaftigkeit
Sommer. Im Garten geht es hoch zu und her – mulchen, jäten, giessen, ernten, pflanzen. Ich brauche Platz im Beet, doch dort stehen noch drei Salatköpfe. Da im Kühlschrank auch noch eine stattliche Anzahl darauf wartet, gegessen zu werden, steche ich sie aus und pflanze sie um in Töpfe. Tatsächlich geht das ein paar Tage gut. Bis ich vergesse, sie vor der Sonne zu schützen. Was als glorreiche Idee begonnen hat, endet als schlampiger Haufen: Die Salatköpfe, die im Beet stramm der Hitze getrotzt haben, beginnen augenblicklich zu schlampen. Es ist dieselbe Sonne, dieselbe Wärme, derselbe Wind. Aber einem Teil ihrer Wurzeln beraubt, haben die Salate keine Chance.

Anschauungsunterricht im Kleinen. Gewissheiten schwinden gerade im Eiltempo: Völkerrecht wird gebrochen, Grundrecht verletzt, Erwachsene spielen Krieg mit der Rücksichtslosigkeit von Sandkastenkindern. Und vor der Haustür steigen hässliche Gespenster aus dem Keller dunkler Vergangenheit, die Namen tragen wie Remigration oder identitäre Bewegung. Und wir, dem Boden der Vertrautheiten der letzten Jahrzehnte entrissen, schlampen vor uns her.

Wohl den Menschen, die nicht wandeln im Rat der Gottlosen noch treten auf den Weg der Sünder noch sitzen, wo die Spötterinnen sitzen, sondern die Lust haben am Gesetz Gottes und sinnen über Gottes Gesetz Tag und Nacht! Die sind wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht.
Mit diesen Worten beginnt das Buch der Psalmen und auch die prophetische Tradition verwendet diesen Vergleich. Zugegeben, meine Salatköpfe fallen ab neben diesem stattlichen, im Gottesboden verwurzelten Baum. Und doch sprechen sie vom selben.

Grünen und Fruchten geschieht nicht von allein. In herausfordernden Zeiten steht auch unsere Menschlichkeit auf dem Spiel. Psychologisch gesprochen, fallen wir im Stress in unserer Entwicklung zurück – der Selbsterhaltungstrieb bricht sich egoistisch und rücksichtslos Bahn. Verwundert reiben wir uns die Augen und schaudern, was da an Gedanken durch den Kopf geht und an Worten aus dem Mund kommt. Feld-Wald-Wiesenpsychologisch würde ich sagen: Genau das passiert uns gerade als Gesellschaft. Wir müssen aufpassen, dass uns ob der Angst nicht die Zivilisiertheit abhanden kommt.

Was also können wir tun, damit wir nicht von Angst getrieben, sondern von Vertrauen getragen werden? Denn Umstände können wir bekanntlich nur bedingt verändern. Baum und Salat sind Hagel, Sonne und Platzregen ausgesetzt, ob sie es wollen oder nicht. Sie bestimmen jedoch, wohin sie ihre Wurzeln strecken. Tun auch wir das! Öffnen wir uns dem, was unser Vertrauen nährt. Suchen wir es. Geben wir ihm Raum. Und seien wir wachsam unse-ren Gedanken gegenüber, denn unsere Gefühle folgen unseren Gedanken. Verwurzeln wir uns im Vertrauen, denn die Zukunft wird uns noch viel an Kraft und Standhaftigkeit abverlangen.

Wohl den Menschen, die ihre Wurzeln den Wasserbächen des Lebens entgegenstrecken. Amen

Lilian Fankhauser